Ein stromdurchflossener Leiter erfährt in einem Magnetfeld eine
Kraft, die zur Stromrichtung und zur Richtung des Magnetfeldes senkrecht
gerichtet ist. Die Richtung der Kraft ändert mit der Stromrichtung
ihr Vorzeichen. Beim Drehspul-Meßwerk wird das Magnetfeld durch einen
Dauermagneten erzeugt. Der magnetische Kreis schließt sich beim Außenmagnet-Meßwerk nach Abbildung 1
über Polschuhe, ringförmigen Luftspalt und zylindrischen Eisenkern.
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Abb. 1: Drehspul-Messwerk mit Außenmagnet (Firmenbild H&B)
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Beim
Kernmagnet-Meßwerk nach Abbildung 2
stellt ein Weicheisenmantel, der das Meßwerk umschließt, den
magnetischen Rückschluß dar. In dem gleichmäßigen
Luftspalt, in dem eine Spule drehbar gelagert ist, entsteht eine radial-homogene
magnetische Induktion. Das auf die Drehspule wirksame Drehmoment ist daher
im Inneren des Luftspaltes von der Winkelstellung der Drehspule unabhängig.
Als Gegenkraft sind bei spitzengelagerten Meßwerken zwei meist gegensinnig
gewickelte Spiralfedern angeordnet, die zugleich die Zuführung des
Meßstromes übernehmen.
Bei
der Spannbandaufhängung (Abb. 2) liefern die auf Torsion beanspruchten
Spannbänder Rückstellkraft und Stromzuführung. Das Drehmoment
und damit der Zeigerausschlag sind dem Strom proportional. Die Teilung
der Skala ist praktisch linear. Da das Drehmoment mit dem Strom sein Vorzeichen
ändert, ist das Meßwerk nur für Gleichstrom geeignet. Die
Drehspule ist auf ein Aluminiumrähmchen gewickelt. Die vom Magnetfeld
in der Drehspule induzierten Wirbelströme bedingen die magnetische
Dämpfung des Meßwerkes. Der günstige Aufbau des magnetischen
Kreises, der relativ kleine Luftspalt und der kräftige Dauermagnet
bewirken eine hohe Induktion im Luftspalt. Das DrehspulMeßwerk ist
daher das meßempfindlichste und zugleich genaueste aller Meßwerke und zudem
ist der Eigenverbrauch außerordentlich klein.
Der Einfluß
fremder Magnetfelder ist beim Kernmagnet-Meßwerk sehr gering; beim
Außenmagnet-Meßwerk ist unter Umständen eine zusätzliche
Abschirmung erforderlich.
Da sich bei Temperaturänderungen sowohl der Widerstand der Kupferwicklung
als auch die Rückstellkraft der Federn oder Bänder ändern,
wird durch Reihenschaltung geeigneter Widerstände eine Temperaturkompensation
vorgenommen. Die Skalencharakteristik kann beim Außenmagnet-Meßwerk
durch entsprechende Formgebung der Polschuhe geändert werden. Die
Induktion im Luftspalt wird dadurch inhomogen. Beim Kernmagnet-Meßwerk
kann durch die Richtung der Magnetisierung des Kernmagneten eine ähnliche
Wirkung erreicht werden.
Soll der Ausschlag des Zeigers größer
als 90° sein (sog. Centrax-lnstrumente), so wird statt der zentrisch
gelagerten Drehspule eine exzentrisch gelagerte Schwenkspule vorgesehen. Bei
der Messung kleiner Ströme bis zu einigen Milliampere Endausschlag
durchfließt der gesamte Meßstrom die Drehspule. Der Innenwiderstand
des Instrumentes ist in diesem Falle der Widerstand der Drehspule allein.
Größere Ströme werden durch Nebenwiderstände geteilt,
so daß nur ein Bruchteil des Meßstromes unmittelbar durch die
Drehspule fließt. Der Innenwiderstand setzt sich dann aus einer Parallelschaltung
von Nebenwiderstand und Drehspule zusammen. Die Nebenwiderstände,
die je nach den technischen Möglichkeiten entweder im Inneren des
Instrumentes untergebracht oder außen angebaut sind, werden in der
Regel so abgeglichen, daß der Meßstrom in ihnen einen Spannungsabfall
von 60 mV erzeugt; die Empfindlichkeit des Meßwerkes wird so gewählt,
daß es an 60 mV Vollausschlag anzeigt. Der
Abb. 2: Drehspul-Messwerk mit Kernmagnet (Firmenbild H&B)
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Eigenverbrauch des Meßwerkes ist gegenüber dem Verbrauch des Nebenwiderstandes vernachlässigbar.
Zur Spannungsmessung werden vor das Meßwerk
Vorwiderstände geschaltet. Der Innenwiderstand wird meist in Ω/Volt
angegeben. Die Angabe 1000 Ω/V besagt zum Beispiel, daß das Meßwerk
1 mA Strom bei Vollausschlag aufnimmt. Zur Erweiterung der Meßbereiche
für Ströme, die größer als 100 Ampere sind, werden getrennte
Nebenwiderstände geliefert, die ebenfalls auf einen bestimmten Spannungsabfall (z.B. 60 mV) abgeglichen sind. Das zugehörige Meßinstrument muß dann für den gleichen Spannungsabfall geeignet sein. Durch Verwendung verschiedener Nebenwiderstände mit gleichem Spannungsabfall
können mit einem Instrument verschiedene Ströme gemessen werden.
Der Widerstand der Zuleitung vom getrennten Nebenwiderstand bis zum Instrument
muß eine vorgeschriebene Größe besitzen. Bei sehr großen
Strömen muß der Abstand zwischen Nebenwiderstand und Meßwerk
zum Vermeiden störender Fremdfeldbeeinflussung eine bestimmte Mindestgröße
haben. Sowohl bei Strom- als auch bei Spannungsmessern können durch
Neben- oder Vorwiderstände mehrere Meßbereiche mit einer oder
mehreren Teilungen der Skala vorgesehen werden, sofern die Größe
des Instrumentes hinreichend Raum für die Widerstände und die
Anschlußklemmen bietet.
Die Vorteile des Drehspul-Meßwerkes
können auch für Wechselstrom ausgenützt werden, wenn dem
Meßwerk ein Gleichrichter vorgeschaltet wird. Früher wurden Kupferoxydul-Meßgleichrichter,
für höhere Frequenzen Germanium- oder Siliziumdioden verwendet. Auf diese Weise
können Wechselströme und Spannungen im Bereich technischer Wechselströme
und im Mittelfrequenzgebiet gemessen werden. Der Zeiger des Drehspulmeßwerkes
stellt sich auf den linearen Mittelwert des gleichgerichteten Stromes ein,
die Eichung erfolgt aber bei sinusförmigem Wechselstrom in Effektivwerten.
Infolgedessen wird der Meßwert auch nur bei sinusförmigem Stromverlauf
streng richtig angezeigt. Vorhandene Oberwellen verursachen Anzeigefehler,
die indes erst bei größeren Verzerrungen merkliche Größe
annehmen. Vollkommen unabhängig von der Kurvenform und zur Messung
bis zu höchsten Frequenzen geeignet werden Drehspul-Meßwerke,
wenn ein Thermoumformer vorgeschaltet wird.
Drehspulmeßwerk mit Thermoumformer
Der Thermoumformer besteht aus einem Thermopaar und einem Heizdraht (Abb. 3). Der Meßstrom fließt durch den Heizdraht, erwärmt ihn und damit auch die Verbindungsstelle des Thermopaares. An den beiden Enden des Thermopaares entsteht eine Thermo-spannung. Diese Spannung ruft im Meßkreis einen Thermostrom hervor, der von einem Drehspulmeßwerk angezeigt wird.
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Abb. 3: Thermoumformer
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Der Heizdraht kann durch Gleich- oder Wechselstrom erwärmt werden. Das Thermoumformer-Meßgerät zeigt unabhängig von Frequenz und Kurvenform immer den Effektivwert des Wechselstromes an, während Meßgeräte mit Meßgleichrichtern nur bei sinusförmigem Wechselstrom richtige Meßergebnisse liefern. Wegen der frequenzunabhängigen Anzeige benutzt man das Thermoumformer-Meßgerät meist für Hochfrequenz.
Bei sehr hohen Frequenzen wird die Anzeige durch die Stromverdrängung im Heizdraht (Hauteffekt) und durch die Kapazitäten zwischen Heizdraht und Thermopaar verfälscht. Diese Kapazitäten kann man verringern, wenn man den Heizdraht durch eine Glasperle vom Thermopaar trennt (indirekte Heizung). Ein Thermoumformer-Meßgerät mit indirekter Heizung kann bis etwa 100 MHz verwendet werden.
Der Skalenverlauf eines Strommessers mit Thermoumformer ist annähernd quadratisch, da die Thermospannung etwa mit dem Quadrat des Meßstromes wächst. Thermoumformer dürfen nicht überlastet werden. Bereits bei doppeltem Nennstrom wird der Heizdraht zerstört. Die Thermoumformer geben höchstens eine Spannung von 12 mV ab. Sie sind bei kleinen Meßbereichen (ab 2,5 mA) in ein luftleeres Glasgefäß eingeschmolzen, bei größeren Meßbereichen (ab 400 mA bis 6 A) befinden sich der Heizdraht und das Thermopaar in der Luft.
Mathematische Grundlagen
Ein Drehspulmesswerk enthält eine beweglich aufgehängte Spule in einem radialhomogenen Feld eines
Dauermagneten. Bild 5.2.1 zeigt die prinzipielle Anordnung. Die Spule ist starr mit einem Zeiger und einer
Drehfeder verbunden. Der zu messende Strom I fließt durch die Spule und erzeugt zusammen mit dem
Magnetfeld des Dauermagneten eine Kraft (Lorentzkraft) auf die Spule, die zu einer Drehung führt. Die
Spule dreht sich, bis die Rückstellkraft durch die Drehfeder entgegengesetzt gleich groß wie die
Lorentzkraft ist.
Die drehbare Spule hat einen Durchmesser d, die Länge l, N Windungen und wird vom Strom I durchflossen. Das Magnetfeld des Dauermagneten hat die Induktion B, die durch die Form des Dauermagneten und des Spulenkerns senkrecht zu den Spulenleitern der Länge l ist. Das radialhomogene Feld bewirkt die Kraft F auf einen vom Strom I durchflossenen Leiter der Länge l
Wegen der Orthogonalität von l und B folgt
F = I · l · B
Damit ergibt sich ein Drehmoment M auf die Spule mit N Wicklungen von
M = N · F · d = N · I · l · B · d
Ersetzt man l · d durch die Spulenfläche A, erhält man
M = A · N · B · I
Das antreibende Moment durch den zu messenden Strom führt zu einer Drehung der Spule und des starr
verbundenen Zeigers und zu einem mechanischen Gegenmoment durch die Drehfeder. Das mechanische
Moment Mm der Drehfeder nimmt mit dem Ausschlagwinkel α der Drehfeder zu. Für eine Federkonstante c ist
Mm = c · α
Im eingeschwungenen Gleichgewichtszustand sind beide Drehmomente gleich groß, und aus
M = A · N · B · I = Mm = c · α
folgt der Ausschlagwinkel α
A · N · B
α = —————· I = const · I
c
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Der gemessene Strom I ist proportional zum Ausschlagwinkel α, wobei die Ausschlagsrichtung von der Richtung des Stromflusses abhängt.
Das Drehspulmesswerk zeigt einen Mittelwert bzw. einen Gleichanteil an, unter der Voraussetzung, dass
die Messgrößenschwankung bezogen auf das dynamische Verhalten des Messwerks wesentlich schneller
erfolgt. Daher können Wechselspannungsgrößen nur mit zusätzlichen Gleichrichterschaltungen erfasst werden.
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